Grosser Eiffelturm in 100 Teilen

Planung

Im Mai 2014 haben wir damit begonnen, das tolle Modell des Eiffelturms so zu vergrössern und mit netfabb Basic zu schneiden, dass einer der vier Füsse gerade so auf dem Drucktisch des Ultimaker 2 Platz findet. Auf Papier haben wir uns fortlaufend eine Übersicht der einzelnen Teile gemacht, und dazu die Höhe des Schnittes vermerkt. Damals liessen wir noch offen, ob wir den Turm auch wirklich drucken. Mit dem Drucken haben wir begonnen, bevor alle Teile des Modells geschnitten waren. Als es komplexer wurde, und wir noch Druckparameter notieren wollten, haben wir zusätzlich zum Papier eine Tabelle auf Google Drive eingerichtet. So konnten wir dann auch den Fortschritt bei der Produktion festhalten, und den Vorrat an Druckmaterial aktuell ermitteln.

Alle Schnitte auf dem Papier
Mit netfabb Basic geschnitten und die Teile als STL exportiert

Idee

Entstanden ist das Ganze aus der mühsamen täglichen Suche nach Modellen, welche sich für einen Härtetest des 3D-Druckers Ultimaker 2 eignen würden. Wenn wir ein Druckermodell für Schulen empfehlen wollen, sollten wir dies mit möglichst hoher Gewissheit tun, und gerade die Zuverlässigkeit auf längere Zeit ist bei 3D-Druckern aktuell eines der grössten Themen finden wir. Das Modell des Eiffelturms hat es uns wegen seiner Konstruktion und dem Zusammenspiel von relativ hohem Detailgrad bei anständiger und gut druckbarer Grösse schon länger fasziniert. Wir hatten zuvor bestimmt 10x den Turm in verschiedenen Grössen ausgedruckt.

Das aufwändigste Teilstück des Eiffelturms ist das Mittelstück der ersten Plattform
Eiffeltürme in jeder Grösse

Grösser als der Drucker selber

Es sollte zudem ein Test werden, ob ein solch grosses Modell auch erfolgreich hergestellt werden kann, bzw. ob wir 3D-Drucken inzwischen soweit im Griff haben, dass wir das können. Eine weitere Frage war, welchen Leim man dafür idealerweise verwendet. Es war zudem ein Übungsfeld um zu lernen, wie man auf einem beheizten Tisch eine grössere Fläche ohne Verzug schön drucken kann.

1600 Stunden Druckzeit

Inzwischen ist der Turm gedruckt, und wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden. Verbraucht haben wir ca. 25 kg Druckmaterial, wobei der Turm selber 20.5 kg wiegt. Er ist 1.9 m hoch und steht auf einer Fläche von 90 x 90 cm. Dies entspricht einem Massstab von rund 1:171, einer schönen Zahl. Die reine Druckzeit beträgt rund 1600 h, Ausschuss nicht mitgerechnet. Auf 100 geglückte Teile kommen 58 Fehldrucke. Verdruckt wurde PLA in Blau (Swiss RepRap und Ultimaker), Weiss / Transparent (Swiss RepRap) und Rot (Fabberworld und Formfutura) in der Gesamtlänge von 2.6 km. Wir haben bewusst die Farben der Flagge von Frankreich verwendet, auch wenn da wohl ganz korrekt Blau oben liegen müsste. Damit man die Spitze allerdings vor einem blauen Himmel als Hintergrund gut sehen kann, haben wir Blau unten und Rot oben verwendet.

Druckeinstellungen

Durch geschicktes Schneiden und Wenden gelang es uns, alle Teile ohne Support zu drucken, die meisten Teile in 0.2 mm Schichten, ganz oben wo es fein wurde, in 0.1 mm Schichten. 1.2 mm Schells,1.2 mm Top / Bottom und 20% Füllung sollten den Turm stabil und standfest machen. Raft wurde keines verwendet, und bei den meisten Teilen entgegen unserer ersten Erwartung auch kein Brim. Ein Brim hat die unangenehme Eigenschaft, dass diese zusätzlich gedruckten Loops zum Schluss wieder vom Objekt weggeschnitten werden müssen, was zu unsauberen Kanten führen kann. Einzelne Teile erst in netfabb geschnitten, und dann in Tinkercad erneut, um Brückenteile zu erhalten, da dort schräg geschnitten werden sollte, und dies in netfabb nur geht, wenn man das Modell dreht. Auch die Geländer haben wir in Tinkercad geschnitten.

Tinkercad schneiden der bruecken

Testdrucke

Die ersten Testdrucke eines Fusses haben wir mit einem Rest an PLA in neutraler Farbe gemacht. Dabei ging es besonders auch darum, ob das Teil Platz auf dem Drucktisch findet, und ob es uns gelingt, die grosse Fläche schön zu drucken, welche Einstellungen dazu am Drucker gemacht werden sollten. Zu Beginn haben wir in Cura besonders mit der Füllmenge experimentiert und schwankten zwischen 10% und 20%.

Passgenaue Teile

Während des Drucks haben wir immer wieder Test gemacht, wie gut die gedruckten Teile aufeinander passen, damit wir nicht zum Schluss eine grosse Überraschung erleben. Schon früh gefiel und der Glanz des transparenten Blau.

7 Monate gedruckt

Die 100 Teile haben wir von 20.5.2014 bis 19.12.2014, also über 7 Monate verteilt gedruckt und fein säuberlich in Kisten aufbewahrt, nachdem bei der offenen Lagerung ein grosses Teil beschädigt wurde und nachgedruckt werden musste. Verwendet haben wir zu Beginn einen, dann zwei Ultimaker 2, und zum Schluss noch einen Sharebot NG dazu.

Verstopfte Originaldüse

Die beiden Ultimaker 2 fielen im Sommer, als es heiss war, für längere Zeit aus, und nach mehrmaligem Wechseln der Düse druckte der eine mit der Originaldüse weiter, den anderen haben wir mit einer alternativen Düse von FiberOptic wieder in Betrieb nehmen können. Den Sharebot NG haben wir von der Firma coobx zum Testen für längere Zeit zur Verfügung gestellt bekommen. Das weisse (transparente) und rote Druckmaterial funktionierte zum Glück auch besser als das Blaue.

Zusammenbau

Die meisten Teile haben wir mit UHU PLUS Schnellfest permanent zusammengeklebt. Für eine bessere Transportmöglichkeit haben wir jedoch fünf grössere Teile gelassen: Die blaue Sektion 1, die weisse Sektion 2, die Hälfte der Sektion 3 in Weiss-Rot, die zweite Hälfte der Sektion 3 in Rot und die Spitze in Rot. Ebenfalls nicht fix montiert haben wir die Geländer auf der Ebene 1. Die fünf Teile halten wir jeweils temporär mit Tesa Strips zusammen, um einem Absturz oder Umkippen vorzubeugen. Zur Befestigung der Geländer auf der Ebene 1 haben wir zusätzliche Kleinteile mit Tinkercad entworfen und gedruckt. Hier geht es nicht in erster Linie um Stabilität, sondern darum, die Geländer sicher transportieren zu können.

Brückenteile subobtimal

Mit der Montage haben wir bei den Füssen begonnen, da war es noch einfach. Weiter oben dann, beim Brückenteil und bei der Montage der Beine an die zweite Etage, wurde es schwieriger, und wir mussten die Sache mehrmals erst genau durchspielen, um dann beim Leim keine Zeit zu verschenken. Die Brücken haben wir mit dem stärkeren Leim UHU PLUS 300 ENDFEST zusammengefügt, da wir den Schnitt genau in der Mitte der Brücke nicht optimal gewählt haben. Nun sollte die Sache aber halten. Ganz zum Schluss haben wir die grossen Elemente der ersten Etage auf die Brückensektion geklebt, und ganz zum Schluss die Geländer montiert, für welche wir in Tinkercad kleine Teile zur Fixierung erstellt haben.

Druckklima

Gedruckt haben wir meistens bei 220° – 230° C, Tisch auf 80° C, mit zusätzlichem Ofen im Druckerraum, der sonst nicht beheizt ist. So gelang es uns, die Temperatur zwischen ca. 20 – 23° C zu halten und die Teile gut haftend auf dem Tisch zu halten, bis der Druck jeweils vorbei war. Für die Teile mit vielen Retractions haben wir die Einstellungen in Cura auf 0.2 mm (von 0.02 mm) Mindestlänge Vorschub vor dem nächsten Rückzug erhöht. Für die Haftung auf dem Drucktisch haben wir mit Haarspray und dem von Ultimaker mitgelieferten Leimstift experimentiert, und sind vom Haarspray zum Schluss wieder auf den Leim zurück gekommen. Der Leim lässt sich übrigens mit Wasser leicht wieder abwaschen.

Moderer Eiffelturm

Darüber hinaus stellt der Turm, jetzt wo er steht, eine deutliches Zeichen dar, dass 3D-Druck ernstgenommen werden sollte. Die Chinesen drucken bereits ganze Häuser auf die Art und Weise, und wir haben uns während dem Aufbau öfters vorgestellt, wie und aus welchen Materialien ein nächster Eiffelturm in 50 Jahren wohl gebaut würde. Erhalten haben wir nun einen unübersehbaren Ausstellungsgegenstand, welchen wir bei nächster Gelegenheit gerne der Öffentlichkeit präsentieren werden. Es machte auf jeden Fall grossen Spass, mit den gedruckten Teilen den Turm auf- und wieder abzubauen, solange die einzelnen Teile noch nicht verleimt waren.

Fazit

Gelernt haben wir an diesem Druck:

  • Gute Planung ist die halbe Miete
  • Mit Ausfällen der Drucker rechnen
  • Es gibt überall hilfsbereite Leute, so hat FiberOptic jegliche Arbeiten an der alternativen Düse kostenlos gemacht.
  • Gesamtes Druckmaterial aus einer Lieferung einkaufen
  • Geräte verwenden, welche für die Beanspruchung ausgelegt sind
    Designfehler am Ultimaker 2
  • Turm benötigt viel Platz zum Montieren und auch aufgestellt
    UHU Leim hält sehr gut
  • Leimstift und etwas höhere Temperatur des Drucktischs verwenden
  • Dokumentation nicht nur in Bildern schon während dem Projekt beginnen
  • Materialführung wichtig
  • Material nicht mit Metallpinzette von der Düse nehmen
  • Druckkopf am Ultimaker 2 ist aufwändig zu demontieren, Heizung und Temperatursensor vorsichtig behandeln
  • 10x grösser bedeutet nicht einfach nur 10x längere Druckzeit. Einmal mehr haben wir das Volumen unterschätzt
  • Düsenverunreinigung durch Filter am Filament vorbeugen
  • Schnitte müssen genau sein -> mussten mehrmals nach Verifizieren neu Schneiden, leider kann netfabb keinen Schnitt rückgängig machen, so mussten wir vor jedem Schnitt eine neue Projektdatei zwischenspeichern. Nach ein paar Schnitten konnte Netfabb keine neuen Teile mehr schneiden, bzw. exportieren. Also haben wir einen Teil des Turms aus der Projektdatei weggelöscht, um den Rest dann weiter schneiden zu können.
netfabb spitze cut
  • Teile sollten so gedruckt werden, dass sie nicht umfallen können
  • Die Düse am Ulimaker 2 reinigt man am besten mit Nylon

Belastungstest

Wie sehr der Drucker leiden musste, hört und sieht man gut in den Videos unserer Playlist zum Turmbau zu Bern. Ja, man sollte die Drucker besser warten, stimmt.

Das Modell für unseren grossen Eiffelturm ist auf Thingiverse verfügbar, falls ihr den Turm für Zuhause mal kurz nachdrucken möchtet.

Update 30.1.2015: Wir haben ein Video des Turmbaus veröffentlicht