Fachtreffen im Rahmen der MAKER DAYS 2019 in Graz

Nachdem wir die Einladung zum Fachtreffen in Graz anlässlich der diesjährigen MAKER DAYS im Netz gesehen hatten, fragten wir an der PHBern um Übernahme der Aufwände dafür an. Unsere Teilnahme steht somit im offiziellen Rahmen unseres neuen Auftrags, für die Weiterbildung der Dozierenden an der PHBern ein Angebot zu entwickeln, welches den digitalen Wandel unterstützen soll. Uns schwebt dabei eine Mischung aus "Lernen durch Machen", Maker Education und Rapid Prototyping vor. Mit einem Mindset, wie wir es schon in unserem kürzlich veröffentlichten Post zum Maker Mindset beschrieben haben.

Bereits 2015 hatten wir an der ersten Ausgabe der Maker Days for Kids in Bad Reichenhall mitgemacht. Dass es jetzt vier Jahre später zu einem erneuten Wiedersehen in ähnlichem Rahmen an der TU Graz kam, freut uns sehr. Das Angebot hat sich seither etwas verändert, allerdings sind die Beweggründe und der kreative Freiraum immer noch der selbe. Die Macher der MAKER DAYS beschreiben ihr Angebot auf der Webseite als eine "offene (digitale) Werkstatt", in der Kinder und Jugendliche im Alter von 10-14 Jahren kreativ arbeiten, und dabei verschiedene Produkte mit unterschiedlichen Werkzeugen und Materialien gestalten und herstellen können.

Folgende Stationen werden laut Webseite angeboten:

  • textiles Gestalten mit (programmierbarer) Stick- und Nähmaschine
  • Programmieren und Physical Computing
  • Roboter steuern
  • Arbeiten mit dem 3D-Drucker und dem Vinyl-Schneider
  • Basteln, Bauen, Malen
  • Stadtentwicklung mit Lego®
  • elektronisches Basteln
  • Lernen mit neuen Medien
  • Lightpainting
  • Fahrzeug-Challenge
  • und noch vieles mehr

Die MAKER DAYS for kids finden in der Woche vom 5.8. bis 9.8. statt, wobei der Mittwoch 7.8. zu Gunsten dieses Fachtreffens eingesetzt wurde. Veranstaltet wird die Woche von einem erfahrenen Team der TU Graz und des gemeinnützigen Vereins BIMS e.V.. Die Veranstaltung ist zudem Teil des Projektes IT+Talenteschmiede.

Ort der Veranstaltung:
Technische Universität Graz
Inffeldgasse 13, 8010 Graz, Erdgeschoß
(Haltestelle „Schulzentrum St. Peter“, Straßenbahnlinie 6, Buslinie 63)

Wir sind am Dienstag, 6.8. von Bern via Zürich Flughafen nach Graz gereist, wo wir nach dem Mittag gelandet sind. In Zürich hatten wir Glück, dass wir erst am Mittag geflogen sind, denn am Morgen war der Flughafen für 2 h wegen eines heftigen Gewitters gesperrt gewesen. Den ganzen Flug über die Alpen sahen wir dann die schönen Gipfel deshalb auch nicht. Es klarte erst in der Nähe von Graz dann auf. Das Wetter in Graz war sehr angenehm, warm und trocken.

In Zürich regnete es stark, kurz davor musste sogar der Flughafen für 2h gesperrt werden. 
Anstelle der Alpengipfel gabs Wolken zu sehen. 
Das Wetter bei der Landung in Graz. 

Von da ging es dann mit dem Zug in die Innenstadt. Die Route kannten wir schon aus 2016, als wir auf Einladung an der Pädagogischen Hochschule in Graz ein Referat zu 3D-Drucken in der Schule gehalten haben. Wir haben auch dieses Mal wieder das Hotel Daniel gleich neben dem Bahnhof gebucht, das ist praktisch gelegen, passt vom Stil, und dem Angebot beim Morgenessen ganz gut.

Das Hotel Daniel in Graz. 
Aussicht aus dem Hotel Richtung Bahnhof. 

Am Abend haben wir uns dann am Hauptplatz mit Sandra Schön und Martin Ebner getroffen, und zusammen gegessen, getrunken und viel gelacht. Es gab auch gleich etwas zu feiern, nämlich ein TV-Beitrag im ORF Steiermark über die MAKER DAYS (Durch die Mendienleute übersetzt als "Machertage"), welchen wir im Restaurant auf dem Handy geschaut haben. Als die meisten von uns dachten, der Beitrag sei anderen Dingen zum Opfer gefallen, kam er dann doch noch, und das Warten hat sich gelohnt. Es ist ein schöner Beitrag, der den Charakter der Veranstaltung gut zeigt, und die Kinder so viel wie möglich in den Mittelpunkt rückt.

Es war ein schönes und entspanntes Wiedersehen. Wir haben bisschen was von Graz gesehen, zumindest mehr als beim letzten Mal. Graz ist echt schön, und hat insbesondere auch einige schöne Gassen zu bieten. Zurück im Hotel konnten wir nach soviel Lachen gut einschlafen und uns auf den nächsten Tag freuen, gespannt was uns an der TU Graz erwarten würde.

Das Grazer Rathaus. 
Erzherzog-Johann-Brunnendenkmal. 
Leider nicht die schönste Gasse, aber dafür mit dem Grazer Uhrturm im Hintergrund.
Die Murinsel, jetzt verstehen wir auch, weshalb so lange Zugänge nötig sind.

Am nächsten Tag erwartete uns dann eine Veranstaltung, die uns beeindruckt, und im selben Mass auch überfordert hat. Die Breite und Fülle des Angebots war so gross, dass wir kaum wussten, wo wir anfangen sollten, und wo wieder aufhören. Offenbar ergeht es zum Teil Kindern genau so, und wer sich noch gar nicht schlüssig ist, der setzt sich in die Kreativecke gleich beim Eingang zum Makerspace 1, und beobachtet nebenher bisschen, was die Anderen so machen. Insbesondere der letzte Punkt der Ausschreibung "und noch vieles mehr", war grösser als alle anderen Punkte zusammen.

Der Eingang zum Makerspace 1. 

Etwas verwirrt hat uns am Eingang das Schild, dass der Zutritt für Erwachsene untersagt sei. Logisch galt das nicht für heute, und wir verstehen auch weshalb das so gehandhabt wird. Es geht nämlich darum, dass die Kinder in ihrem Spiel und Tun nicht von Erwachsenen gehindert oder beeinflusst werden. Trotzdem ist es schade, es sollte nämlich mehr Erwachsene geben, welche sich eine kindliche Neugier bewahrt haben, und welche aus dieser inneren Neugier nicht als Erwachsene agieren, sondern mit den anderen frei spielen.

Ein Glück, dass wir noch nicht erwachsen sind.

Wir begaben uns am Schild vorbei in den Makerspace, und dachten, der Raum sei alles, das wäre schon viel gewesen. Danach sahen wir das Plakat hängen und haben festgestellt, dass da noch viel mehr war, fein säuberlich in Bereiche aufgeteilt, damit die zueinander gehörigen Teile beieinander liegen.

Übersicht der Räume der MAKER DAYS 2019. 
Der Versammlungs- und Austauschbereich vorne im Makerspace 1. 
Workshopangebote werden mittels solcher Zettel an der Tafel vorne im Makerspace 1 bekannt gemacht.
Lötstationen, hauptsächlich zum Löten von Elektronik verwendet. Auch die Handhabung eines Multimeters wird bei Bedarf von den Betreuern demonstriert.
Besonders gut gefiel uns hier die Idee des Wackelmonsters, welches auf drei Stiften stehend Muster auf die Unterlage malt, wenn ihn die Unwucht am Elektromotor durch die Gegend bewegt.
Heisskleber stand offenbar ganz hoch im Kurs beim Bau der make.city. 
Aktueller Baufortschritt in der make.city, dem beeindruckenden Stadtprojekt. Die Gebäude und Elemente bestehen nicht nur aus Lego®, sondern auch aus Karton oder anderen Materialien. Einige besitzen eine Beleuchtung, andere Dinge wie die Seilbahn bewegen sich.
Beeindruckendes Sortiment an Lego® für den Bau der Gebäude für die make.city. 
Malen mit Sand oder Farben in einem Pendel. 
Kleine Faltanleitungen als Hilfe beim Einstieg in diverse Projekte. 
Eine beeindruckende Palette an littleBits Komponenten wartet darauf, verbaut zu werden. 
Makerspace 2 mit Kreativzone, Modellierecke und Textilwerkstatt. 
Notebooks und Kurzanleitungen zu Tinkercad in der Modellierecke. 
Ein 3D-Drucker darf in der Modellierecke nicht fehlen. 
Brother Stickmaschine und Bernina Nähmaschinen. 
Stickereien und Spielereien.
Zubehör für das Textile Gestalten. 
Eine bunte Palette an Stoffresten zur vielseitigen Verwendung. 
Stickermaschine bestehend aus Tintenstrahldrucker und Schneideplotter, daneben die Transferpresse für Aufdrucke auf Textilien. 
Lasercutten via FabLab wurde auch angeboten, aber nicht so gut angenommen bei den Kindern. 
Makerspace 3, hAPPy Lab. App-Entwicklung für Anfänger. 
Makerspace 4, man sieht auf den ersten Blick, dass da was mit Computer und Robotern gemacht wird. 
Die Kinder beschlossen, den Parcours für die Roboter mit der make.city im anderen Raum zu verbinden, und den Orten im Parcours ebenfalls Namen zu geben. 
Auch auf den Tischen fuhren Roboter (Ozobots) fleissig den Strichen nach. 

Da wir am Morgen zeitig mit den Organisatoren zur TU gefahren sind, bekamen wir die Chance, ohne nachher konkret etwas liefern zu müssen, uns die Einrichtung anzusehen. Wir erhielten so auch einen wertvollen Blick hinter die Kulissen, zum Beispiel beim Briefing aller engagierten Leute.

Sandra Schön motiviert und informiert zugleich die Leute. 
Eine solche Veranstaltung benötigt viele engagierte Leute. 

Bei der Führung hat man uns dann schliesslich erzählt, dass einzelne Kinder und Jugendliche selbst noch eigene Arbeiten, wie z.B. selber programmierte Scratch Spiele oder Python Programme mitgebracht hätten, und so dem Ganzen einen sehr aktiven Charakter verliehen haben. Es ist schön zu sehen, wie aktiv gewisse Jugendliche sind, und wie sie sich für ein oder mehrere Themen begeistern können. Man könnte für solche Jugendliche auch einfach einen Raum und Austausch organisieren, angeleitet durch Leute, die auch schon Erfahrung mit solchen Projekten gemacht haben. Der Freiraum wird noch grösser, wenn man zulässt, dass jemand der lieber nicht das vorgeschlagene umsetzt, seine eigenen Ideen entwickelt. Die Ampel unten ist eines der Beispiele.

Die selbst gebaute Ampel für die make.city. Idee bekannt, Umsetzung neu. 

Nach der Führung in fünf Gruppen gab es kurze Inputs von Martin Ebner zur Maker Education und Relevanz für die TU Graz, Maria Grandl zum Konzept der Maker Days, Sandra Schön zu Potentialen der Maker Education für die Kompetenzentwicklung, und schliesslich Kristin Narr zu Maker Education aus Medienpädagogischer Perspektive. Die Inputs waren gut vorbereitet, kurz gehalten und sehr informativ. Von den beiden Inputs von Maria Grandl und Kristin Narr haben wir leider keine Fotos, ihre Ausführungen waren aber nicht weniger interessant.

Martin Ebner eröffnet die Inputs mit dem Beitrag des ORF vom Vortag. 
Sandra Schön zu Potentieller Kompetenzentwicklung durch Maker Education. 

Kompliment an die Veranstalter. Ich hoffe, es findet noch mehr Nachahmer, denn das Potential in allen Bereichen des freien Lernens ist meiner Meinung nach richtig gross. Das Problem ist nur, in den bestehenden Strukturen der Bildungsinstitute findet ein solcher Ansatz kaum Platz, da er im Grunde die bestehenden Strukturen durch etwas neues, anderes ablöst. Freies Lernen, voneinander und miteinander, solidarisch, intrinsisch, sich selber organisierend.

Blick in den hinteren Teil des Makerspace 1. 
Der selbe Raum, am Samstag nach den MAKER DAYS. (Foto: doit_europe via Instagram)

Wir sind dem Makermindset gefolgt, und haben einfach als erstes gemacht, wonach uns war, und das war das Light Painting. Zu unserem Erstaunen, aber auch zu unserer Freude, erklärten sich die einzigen beiden heute anwesenden Kinder bereit, uns dahin zu begleiten, bzw. uns zu zeigen wie Light Painting funktioniert. Dass wir das eigentlich schon bei den ersten Maker Days for Kids gesehen hatten, hat man uns zum Glück erst später wieder in Erinnerung gerufen. Wir haben also versucht, so spontan und kindlich wie möglich mit ihnen auszuprobieren, mussten aber feststellen, dass wir nicht ansatzweise die spontane Kreativität besitzen, wie sie die beiden Mädels haben. Was uns oft hinderte war die Vorstellung in unserem Kopf, und das Gefühl, es nicht so gut zu können wie die Kinder selber. Im Grunde völlig doof, denn es geht doch bei sowas nicht um Leistung, sondern lediglich um gemeinsamen Spass und die Freude. Meiner Meinung nach profitieren die Kinder da ganz klar von Anzeichen aktiver Maker Mentalität in der Eltern-Kind-Beziehung. Sich ausdrücken und selber erleben ist wohl auch eine Übungssache, wie so vieles sonst auch. Man kann da nicht wirklich von Erziehung oder Ausbildung (Education) sprechen, das ist nämlich ein freiere Zugang der insbesondere das Kind aktiver und selbstverantwortlicher sieht, als es das meistens der Fall ist.

Light Painting macht zusammen besonders Spass. (Foto: MAKER DAYS 2019)

Beim Sticken mit Turtlestitch haben wir nachgefragt, wie die Zeichnung vom Tablet auf die Stickmaschine gelangt. Nachdem wir gesehen habe, dass man das fertige Muster einfach als Druckdatei Teilen kann, war die Frage schon beantwortet. Anschliessend haben wir noch einige interessante Gespräche geführt, und die Atmosphäre auf mich wirken lassen. Dafür haben wir bewusst auf die Führung durch das neue grosse FabLab der TU Graz verzichtet, da die Zeit nicht für beides gereicht hätte.

Fertiggestellte Elemente der make.city. 

Zum Schluss gab es noch eine Auswertungsrunde, welche angenehm kurz gehalten wurde. So hat man paar Erkenntnisse von einzelnen Leuten erfahren, es wurde aber nicht im herkömmlichen Sinne präsentiert. Nach der Abschlussrunde haben wir uns verabschiedet und danach gleich auf den Weg zum Flughafen gemacht, von wo wir später in einem angenehmen Flug zurück nach Zürich gelangt sind. Von da ging es weiter via Bern nach Hause.

Schon fast startklar, fehlt nur noch die Startbahn. 
Der Rheinfall von oben. 

Fazit
Es hat grossen Spass gemacht und wir haben viele tolle Menschen kennen gelernt. Am besten gefallen hat uns die Idee und Umsetzung zur make.city, welches eine Antwort auf die Frage: "Wie wollen wir leben? Unsere Stadt im Jahr 2030", wo die Kinder gemeinsam alle Angebote mit ihrer Fantasie zu einer Stadt der Zukunft kombinieren. Ein solches Projekt im Zentrum, und die Aktivitäten rund herum verhelfen zu den nötigen Mitteln um daran zu bauen und es zu entwickeln. Im nächsten Jahr das Treffen mit den Kindern der Teilnehmerinnen und Teilnehmern, das wär unser persönlicher Wunsch.

Blick in die make.city. (Foto: doit_europe via Instagram)

Am heutigen Samstag wurden  dann von 9:30 bis 11:30 Uhr die Türen für alle Interessierten geöffnet. In kurzen Vorträge sollten dabei die Ergebnisse und Ziele der MAKER DAYS zusammen gefasst werden. Die Ergebnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden ausgestellt, und anschliessend auch mitgenommen. Wir waren zwar nicht selber mit dabei, haben das Ganze aber aus der Ferne via Social Media mitverfolgt, und stellen uns einen würdigen Abschluss für eine solch tolle Veranstaltung vor.

Abschlussveranstaltung vom Samstag. (Foto: Martin Ebner)